Entwurf

Digitale Innovation

Einleitung

In seinem JAMA Artikel „How AI Could Reshape Health Care—Rise in Direct-to-Consumer Models“, beschreibt Kenneth D. Mandl, wie künstliche Intelligenz (KI) die Gesundheitsversorgung grundlegend verändern könnte, insbesondere durch den Aufstieg direkter Konsumentenmodelle (DTC). Er hebt hervor, dass Google Search längst als Entscheidungshilfe für Patienten dient, während Amazon Prime Telemedizin, Apothekenleistungen und vor Ort hausärztliche Versorgung integriert. Traditionelle Gesundheitsorganisationen (HCOs) kämpfen jedoch mit der digitalen Innovation, da sie an starren Strukturen und komplexen Anforderungen hängen bleiben. Gleichzeitig kommt es zu einer Vermarktwirtschaftlichung der Gesundheitsversorgung durch DTC-Unternehmen, die mit Big Tech und agilen KI-Lösungen schnell skalieren und personalisierte Angebote schaffen, während HCOs Marktanteile an diese Innovatoren verlieren könnten. (Mandl 2025)

Digitale Innovationen können über direkte und indirekte Zugangswege in den ersten Gesundheitsmarkt integriert werden (Gersch und Danelski 2022).

Direkte Zugangswege (B2P/B2C-Lösungen)

  1. Digitale Pflegeanwendungen (DiPA, §40a SGB XI):
    • Versorgung von Pflegebedürftigen mit digitalen Anwendungen, die deren Selbstständigkeit fördern.
    • Antragstellung erfolgt bei der Pflegekasse.
    • Nicht zwingend als Medizinprodukt klassifiziert.
  2. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA, §139e SGB V):
    • Medizinprodukte der Risikoklasse I oder IIa.
    • Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis durch das Fast-Track-Verfahren des BfArM.
    • Verordnung durch Ärzte oder Psychotherapeuten (“App auf Rezept”).
  3. Primärprävention (§20 SGB V):
    • Angebote zur Verhinderung von Krankheitsrisiken (z. B. Bewegung, Ernährung).
    • Individuelle Verträge der Krankenkassen, keine gesetzliche Regelversorgung.
  4. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB, §§135, 137c-h SGB V):
    • Erprobung und mögliche Integration neuer Methoden in den Leistungskatalog.
    • Voraussetzung: wissenschaftlicher Nachweis von Nutzen und Wirksamkeit.
  5. Hilfsmittel (§33, §139 SGB V, §40, §78 SGB XI):
    • Versorgung mit medizinischen oder pflegerischen Hilfsmitteln.
    • Digitale Lösungen wie Medikamentenspender, Trackingsysteme, etc.
  6. Satzungsleistungen (§11 SGB V):
    • Krankenkassen können freiwillige Zusatzleistungen anbieten (z. B. nicht verschreibungspflichtige Medikamente).
  7. Besondere Versorgung (§140a SGB V):
    • Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern, z. B. für sektorenübergreifende Lösungen.

Indirekte Zugangswege (B2B-Modelle)

  1. Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG):
    • Finanzierung von Digitalisierungsprojekten in Krankenhäusern (z. B. elektronische Patientenakten, IT-Sicherheit).
  2. White-Label-Lösungen:
    • Anpassung digitaler Produkte an die Markenidentität der Kunden, z. B. für Krankenversicherungen oder Pflegeeinrichtungen.
  3. Anything-as-a-Service (XaaS):
    • Cloud-basierte IT-Dienstleistungen für Stakeholder im Gesundheitswesen (z. B. SaaS, PaaS).
  4. IT-Service-Provider:
    • Langfristige Bereitstellung von IT-Diensten für Krankenkassen und andere Akteure (z. B. Digitalisierung von Prozessen).
  5. Modulare Funktionsangebote:
    • Dienste wie Trust-Service-Provider (z. B. digitale Signaturen) oder Datenaggregatoren.

Entwicklungsprozess

Entwicklungsprozess Grafik

Beispiele

Übersicht Forschungsprojekte
Forschungsprojekt URL
Neue Versorgungsformen innovationsfonds.g-ba.de
Blog3 blog3.de
Übersicht Initiativen
Initiative URL
AdAM steht für „Anwendung für digital unterstütztes Arzneimitteltherapie-Management“ teledermatologie.infokom.de
RP-DOC rpdoc.de
PAVK-TEGECOACH innovationsfonds.g-ba.de
Veovita veovita.de

Plattformen

Medxsmart.de ist eine Vergleichsplattform, die speziell für digitale Tools in Arztpraxen entwickelt wurde. Sie bietet Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit, verschiedene Lösungen zu durchsuchen und zu vergleichen, um die Digitalisierung ihrer Praxis zu optimieren.

Die Open Healthcare Alliance (OHA) ist ein Netzwerk, das sich darauf konzentriert, die digitale Gesundheitsversorgung voranzutreiben. Es fördert die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen verschiedenen Akteuren im Gesundheitssektor, um innovative, interoperable Lösungen zu entwickeln und zu implementieren.

Solutionfinder.health ist eine Plattform, die Health IT Lösungen für Gesundheitsdienstleister zusammenführt. Sie bietet eine zentrale Anlaufstelle, um digitale Tools und Services zu entdecken, die für spezifische Bedürfnisse im Gesundheitswesen geeignet sind, und somit die Auswahl und Implementierung dieser Lösungen erleichtert.

United Web Solutions ist ein Verband, der sich darauf spezialisiert hat, die Digitalisierung im Gesundheitswesen durch maßgeschneiderte IT-Lösungen voranzutreiben. Er bietet Krankenhäusern und MVZ die Möglichkeit, durch die Kombination verschiedener Expertenlösungen ihre Arbeitsprozesse zu optimieren und effizienter zu gestalten.

[healthon.de](https://healthon.de/ ist eine Informations- und Qualitätsplattform für Gesundheits-Apps in Deutschland, die Verbraucher und Fachöffentlichkeit über Trends und Entwicklungen in der digitalen Gesundheit informiert. Sie bewertet Gesundheits-Apps, Medizin-Apps und Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) anhand eines Ehrenkodex, bietet Testberichte, Marktanalysen und Statistiken wie das DiGA-Dashboard, um Transparenz zu schaffen.

Das KV-Appradar ist ein Informationsportal des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), das seit 2021 Fachinformationen zu über 3.400 Gesundheits-Apps und Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) bietet, um Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen und Patient:innen bei der Orientierung im App-Markt zu unterstützen. Sie kategorisiert Apps in etwa 60 Themenbereiche, liefert Bewertungen, Downloadzahlen und unterscheidet sich von App-Stores durch medizinische Relevanz und Diagnoseinformationen.

Mindapps beinhaltet die Mobile Health Index and Navigation Database (MIND), eine interaktive Plattform, die dabei hilft, Apps für mentale Gesundheit und Gehirnfunktionen zu finden, die individuellen Bedürfnissen und Vorlieben entsprechen. Nutzer können Apps nach Kriterien wie Datenschutz, Kosten (inklusive kostenloser Optionen), wissenschaftlicher Evidenz und Nutzerfreundlichkeit durchsuchen, um die passende Anwendung für sich zu identifizieren. Die Datenbank richtet sich an alle, die mentale Gesundheits-Apps suchen, und bietet eine Vielzahl von Kategorien wie Apps gegen Depressionen, Angstzustände oder Stress. Sie wird als gemeinnütziges Projekt ohne Werbung präsentiert und zielt darauf ab, personalisierte Lösungen für psychisches Wohlbefinden zu fördern.

DigaDocs bietet Informationen zu Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) in Deutschland, die seit Ende 2019 auf Rezept verschrieben werden können. Die Plattform richtet sich an Patienten sowie ärztliches und therapeutisches Personal und stellt Testberichte, Übersichten zu zugelassenen DiGAs und wissenschaftliche Einschätzungen bereit.

Offener Quelltext

Open-Source-Software ist in ambulanten Arztpraxen bisher wenig verbreitet, während sie in anderen Bereichen des Gesundheitswesens, insbesondere in Gesundheitsämtern, zunehmend an Bedeutung gewinnt. In Arztpraxen dominieren proprietäre Praxisverwaltungssysteme, da diese oft spezialisierte Funktionen für Abrechnung, Dokumentation und Telematikinfrastruktur bieten. Open-Source-Lösungen wie OpenEMR oder Thera-Pi existieren zwar, werden aber vergleichsweise selten genutzt, da viele Praxen auf zertifizierte, kommerzielle Software angewiesen sind und Wechselbarrieren hoch sind. Im Gegensatz dazu haben Gesundheitsämter in den letzten Jahren verstärkt auf Open Source gesetzt. Ein prominentes Beispiel ist SORMAS, das in vielen deutschen Gesundheitsämtern zur digitalen Kontaktnachverfolgung während der COVID-19-Pandemie eingesetzt wurde. Auch das Open-Source-Projekt Agora zeigt, dass öffentliche Stellen zunehmend auf offene, transparente Softwarelösungen setzen.

Geschäftsmodelle

Softwarehersteller im Bereich der ambulanten Medizin nutzen unterschiedliche Geschäftsmodelle. Sie unterscheiden sich in Kostenstrukturen und Innovationskraft. Es gibt Anbieter mit Lizenzmodell, bei dem Ärzte Anschaffungskosten zahlen, gefolgt von jährlichen Gebühren. Andere bieten Abonnements (SaaS), bei denen monatliche Gebühren für Cloud-basierte Lösungen anfallen – flexibel, aber mit fortlaufenden Kosten und Notwendigkeit eines von Internetzugang; die Innovationskraft ist hoch, da regelmäßige Updates den Wettbewerb antreiben. Wieder andere verkaufen Software als einmaligen Kauf mit optionalen Supportverträgen. Das Genossenschaftsmodell der Duria eG hebt sich davon ab: ÄrztInnen zahlen einmalig einen Genossenschaftsanteil und einen jährlichen Beitrag.

Digitale Anwendungen

Gesundheits-Apps bilden die Mehrheit der verfügbaren Anwendungen und umfassen ungeschützte Begriffe wie Lifestyle-Apps (z. B. Fitness-Tracker) oder serviceorientierte Apps, die keine medizinischen Zwecke verfolgen, sondern Informationen und Organisation unterstützen. Digitale Medizinprodukte hingegen sind CE-gekennzeichnete Anwendungen, die nach EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) registriert sind und gezielt Krankheiten erkennen, behandeln oder Patienten zu einem gesundheitsförderlichen Leben begleiten. DiGA (Digitale Gesundheitsanwendungen) sind eine spezielle Unterkategorie digitaler Medizinprodukte, die zusätzlich vom BfArM auf Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit geprüft werden, einen positiven Gesundheitsnutzen nachweisen müssen und als „Apps auf Rezept“ erstattungsfähig sind, wenn sie ärztlich verschrieben oder direkt über die Krankenkasse bei Diagnose beantragt werden.

Gründungszentren

Startup-Inkubatoren und -Acceleratoren für digitale Gesundheitsunternehmen unterstützen digitale Lösungen im Gesundheitswesen, indem sie Gründern Ressourcen, Netzwerke und Finanzierung bereitstellen. Flying Health in Berlin verbindet Startups mit etablierten Akteuren der Gesundheitsbranche, bietet strategische Beratung und unterstützt bei der Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Startupbootcamp Digital Health mit Sitz in Berlin beschleunigt junge Unternehmen durch ein intensives Programm, das von Partnern wie Sanofi oder Munich Re unterstützt wird, und hat Erfolge wie BOCAhealth (Hydrationsmessung) vorzuweisen. G4A Health, initiiert von Bayer, bietet Startups bis zu 100.000 Euro, 100 Tage Co-Working-Space und Mentoring, wobei seit 2013 über 150 digitale Gesundheitsfirmen gefördert wurden, darunter Okko Health (Augen-Biomarker). Speedinvest, ein europäischer Venture-Capital-Fonds, investiert in frühe Phasen digitaler Gesundheitslösungen und bietet neben Kapital auch strategische Unterstützung. Bosch Health Campus in Stuttgart fördert interdisziplinäre Innovationen im Gesundheitsbereich mit Fokus auf Forschung und Kooperationen. Hubs Sidepreneur listet verschiedene deutsche Inkubatoren auf, die teils auch Health-Startups unterstützen, wobei der Fokus jedoch breiter gefasst ist. Diese Programme unterscheiden sich in ihrer Ausrichtung – von praxisnaher Frühentwicklung bis hin zu langfristiger Forschungskooperation – und tragen gemeinsam dazu bei, die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben.

Technologische Disruption

Die Studie “Voice as a Biomarker in Health-Tech: Mapping the Evolving Landscape of Voice Biomarkers in the Start-Up World” von Emily G. Evangelista und Kollegen untersucht die wachsende Rolle von Stimmbiomarkern in der Gesundheitstechnologie. Dies könnte andere, bisherige Diagnoseverfahren teilweise obsolet machen. Der Markt für Stimmbiomarker wurde 2021 mit 1,9 Milliarden US-Dollar bewertet und soll bis 2028 auf über 5,1 Milliarden US-Dollar ansteigen, mit einer jährlichen Wachstumsrate von 15,15 %. Ziel der Studie war es, die aktuelle Landschaft von Start-ups zu kartieren, die Stimme als Gesundheitsbiomarker nutzen. Dafür wurden umfassende Recherchen über Internetquellen, soziale Medien und Literaturdatenbanken durchgeführt. Insgesamt wurden 27 Start-ups identifiziert, die KI einsetzen, um Stimmbiomarker zu entwickeln; 24 davon sammelten Investitionen in Höhe von über 178 Millionen US-Dollar und veröffentlichten gemeinsam 194 Publikationen, von denen 66 % peer-reviewed sind. (Evangelista u. a. 2024)

Die Arbeit “Disruptive Innovation – Considerations for Health and Health Care in Europe”, herausgegeben von der Expertengruppe der Europäischen Kommission für effektive Investitionen im Gesundheitswesen (EXPH), untersucht das Potenzial disruptiver Innovationen im europäischen Gesundheitssektor. Disruptive Innovationen werden als Veränderungen definiert, die neue Netzwerke und Organisationsstrukturen schaffen, ältere Systeme verdrängen und Gesundheitsversorgung effizienter sowie zugänglicher machen. Die Expertengruppe identifiziert fünf zentrale Bereiche für disruptive Innovationen: translationale Forschung, Zugang zu neuen Technologien, Präzisionsmedizin, Ausbildung von Gesundheitsfachkräften und Gesundheitsförderung. Es empfiehlt politische Maßnahmen, um förderliche Bedingungen für Innovationen zu schaffen und bestehende Barrieren zu überwinden, während gleichzeitig Gerechtigkeit, Qualität und Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen gewahrt bleiben. (Innovation, o. J.)

Beratung

Beratungsunternehmen unterstützen bei der digitalen Transformation. Der Beratungsprozess beginnt mit einer Analyse der Bedürfnisse der Arztpraxis, gefolgt von einer individuellen Beratung und dem Vorschlag maßgeschneiderter digitaler Lösungen. Nach der Planung und Umsetzung, einschließlich Installation und Schulung, bieten die Anbieter fortlaufenden Support, um eine effiziente Nutzung sicherzustellen, während Datenschutz stets gewährleistet wird.

Name URL
Docport docport.de
Eterno Health eterno.health
Arztkonsultation arztkonsultation.de
Lux Digitale Praxis lux-digitalepraxis.de
Digital Medizin digital-medizin.com
Medizinio medizinio.de

„Praxis-as-a-Service“ (PaaS) ist ein innovatives Konzept, bei dem Arztpraxen als vollständig digitalisierte und outsourced gemanagte Einheiten betrieben werden, wobei Dienstleister die gesamte technische Infrastruktur, wie Telematikinfrastruktur und Softwarelösungen, bereitstellen und warten, um den Praxisbetrieb zu optimieren. „Innovation-as-a-Service“ (IaaS) hingegen fokussiert sich darauf, Gesundheitseinrichtungen Zugang zu maßgeschneiderten, extern entwickelten Innovationslösungen zu bieten, etwa durch KI-gestützte Diagnostik oder digitale Therapieplattformen, ohne dass diese selbst entwickelt werden müssen. Beide Ansätze zielen darauf ab, die Effizienz zu steigern und den Fokus auf die Patientenversorgung zu legen, indem sie komplexe technologische Herausforderungen an spezialisierte Anbieter delegieren.

Praxisgründung Simulator

Praxisraum ist ein innovatives Planspiel, das angehende Ärztinnen und Ärzte spielerisch auf den Aufbau und die Organisation einer Vertragsarztpraxis vorbereitet. Unter www.praxisraum.de können Nutzer ein Serious Game erleben, das durch Gamification-Elemente wie Avatar-Auswahl, praxisnahe Entscheidungen und Herausforderungen motiviert. Ziel ist es, Wissenslücken zu schließen und Berührungsängste abzubauen, indem realitätsnahe Daten in eine interaktive, motivierende Spielumgebung eingebettet werden.