Onkologie & Hämatologie
Digitale Wissensplattformen
Das Angebot von Onkopedia, einem Onlineportal der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO), umfasst ein umfassendes Leitlinien- und Wissensportal für Fachkräfte, Patienten und Interessierte im Bereich Hämatologie und Onkologie. Es bietet ca. 140 Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von Blut- und Krebserkrankungen, die frei zugänglich sind und praxisnahe Empfehlungen liefern. Zusätzlich enthält die Plattform eine Wissensdatenbank mit umfangreichen Informationen, Bildmaterialien und Arzneimittelbewertungen, einschließlich Zulassungsstudien und Nebenwirkungen. Das Wissensportal wurde auch als mobile App zugänglich gemacht. Die kostenfreie App, verfügbar für iOS und Android, bietet Fachkräften und Patienten direkten Zugriff auf die Wissensdatenbank für eine flexible und ortsunabhängige Nutzung.
Das Angebot von onkowissen.de umfasst eine Reihe von digitalen Anwendungen, die die Verfügbarkeit von Wissen zu Diagnose und Behandlung verschiedener onkologischer Erkrankungen erleichtern sollen. Zu den verfügbaren Anwendungen gehören unter anderem „CLL onkowissen“ für chronische lymphatische Leukämie, „ITP onkowissen“ für immune Thrombozytopenie, „Prostatakarzinom onkowissen“ für Prostatakrebs, „CTCL onkowissen“ für kutane T-Zell-Lymphome und „GynOnk onkowissen“ für gynäkologische Tumore. Diese Apps bieten Fachkräften mit einem onkowissen.de-Login digitalen, schnellen und aktuellen Zugriff auf umfassende Informationen, darunter Therapiealgorithmen, verfügbare Substanzen, Diagnostik, Therapiemanagement sowie Newsfeeds mit aktuellen Entwicklungen.
EasyOncology ist eine von Fachärzt:innen der Universitätsklinik Köln seit 2013 entwickelte App, die medizinischen Fachkräften praxisnahe, evidenzbasierte und aktuelle onkologische Behandlungsempfehlungen bietet. Mit klinisch validierten Therapiealgorithmen, die aktuelle Leitlinien und Best Practices berücksichtigen, unterstützt die CE-zugelassene App eine schnelle, intuitive Orientierung in der komplexen Onkologie. Zusätzlich umfasst sie Informationen zu Begleiterscheinungen, komplementären Behandlungen und sozialmedizinischen Aspekten.
Oncologics ist eine kostenlose Lernplattform für medizinische Fachkreise, die sich auf Onkologie spezialisiert hat. Über die Website und den YouTube-Kanal bietet sie kurze, prägnante und verständliche Erklärvideos zu komplexen onkologischen Themen, entwickelt von erfahrenen Expert:innen. Die Plattform richtet sich an Fachkräfte aus Medizin, Psychotherapie, Geburtshilfe, Pflege und Rettungsdienst. Der Zugang ist beschränkt, um die Inhalte exklusiv für Fachkreise bereitzustellen.
Forschung
Die Studie „Remote Monitoring of Chemotherapy-Induced Peripheral Neuropathy by the NeuroDetect iOS App: Observational Cohort Study of Patients With Cancer“ untersucht die Machbarkeit und Genauigkeit der NeuroDetect-App zur Fernüberwachung von Chemotherapie-induzierter peripherer Neuropathie (CIPN) bei Krebspatienten unter neurotoxischer Chemotherapie. Die App integriert subjektive Patientenberichte über die EORTC QLQ-CIPN20-Skala mit sechs objektiven funktionellen Tests, die neurologische Untersuchungen wie Gehen, Stehen und manuelle Geschicklichkeit mittels Smartphone-Sensoren nachbilden. In einer prospektiven, longitudinalen Kohortenstudie mit 45 Patienten zeigte die NeuroDetect-App eine hohe Genauigkeit bei der Erkennung von CIPN in den Füßen (AUC=83,8%), jedoch nicht in den Händen (AUC=67,9%), wobei der Romberg-Stance-Test und der Finger-Tapping-Test die größten Beiträge leisteten. Die Kombination von funktionellen und subjektiven Daten verbesserte die Erkennungsgenauigkeit numerisch, insbesondere früh im Behandlungsverlauf, doch sind größere Studien erforderlich, um die Modelle zu validieren und den klinischen Nutzen zu bestätigen. (Chen u. a. 2025)
Die Studie „A Retrospective Observational Study on the Impact of Digital Strategies to Boost Cervical Screening Uptake in Primary Care“ untersuchte den Einfluss digitaler Strategien auf die Teilnahme an der Gebärmutterhalskrebs-Vorsorge in einer ländlichen Hausarztpraxis in Großbritannien. Durch den Einsatz von Videos, Informationsmaterial und einem Online-Buchungssystem stieg die Teilnahmequote innerhalb von drei Monaten signifikant: bei Frauen von 25–49 Jahren von 77 % auf 80,5 %, bei 50–64-Jährigen von 81 % auf 97 %, womit das nationale Ziel von 80 % erreicht wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass digitale Kommunikation Barrieren wie Angst oder geringe Gesundheitskompetenz überwinden kann, insbesondere bei älteren Frauen, und eine kosteneffiziente, skalierbare Methode zur Verbesserung der Vorsorge darstellt. (Haith u. a. 2025)
Die Studie „Low-Burden Electronic Health Record Strategies for Engaging Oncologists in Digital Health Behavior Change Interventions: Qualitative Interview Study“ untersucht, wie Onkologen mit möglichst geringem Zusatzaufwand besser in digitale Gesundheitsinterventionen zur Verhaltensänderung bei Krebsüberlebenden eingebunden werden können. Dazu wurden leitfadengestützte Interviews mit 18 Onkologen geführt, um deren Wünsche, Informationsbedarf und Präferenzen hinsichtlich technischer Unterstützung, etwa durch das elektronische Gesundheitsakten-System (EHR), zu ermitteln. Die Ergebnisse zeigen, dass Onkologen digitale Verhaltensinterventionen befürworten, jedoch klare und knappe Informationen, einfache Überweisungstools sowie automatisierte Erinnerungen benötigen, um Patienten wirksam zu unterstützen. Die Studie empfiehlt, solche niedrigschwelligen Strategien direkt ins EHR zu integrieren, um Onkologen die Kommunikation und Motivation von Patienten für gesundheitsförderndes Verhalten zu erleichtern. (Jayeoba u. a. 2025)
Kuenstliche Intelligenz
Die Studie „Development and validation of an autonomous artificial intelligence agent for clinical decision-making in oncology“, veröffentlicht in Nature Cancer (2025), stellt die Entwicklung und Validierung eines autonomen KI-Systems auf Basis von GPT-4 zur Unterstützung personalisierter Therapieentscheidungen in der Onkologie vor. Das System kombiniert verschiedene spezialisierte Werkzeuge wie Bildanalyse, Gensequenz-Erkennung und medizinische Datenbanken, um realistische, multimodale Patientendaten eigenständig auszuwerten. In Tests zeigte die KI mit 20 simulierten Patientenszenarien eine deutlich höhere Genauigkeit und Zuverlässigkeit bei klinischen Entscheidungen als GPT-4 allein. Die Ergebnisse unterstreichen, dass das Zusammenspiel von Sprachmodellen und medizinischen Spezialtools die Präzision und Nachvollziehbarkeit von KI-gestützten Entscheidungsprozessen in der Onkologie erheblich steigern kann. (Ferber u. a. 2025)
Anwendungen
Die myTcell-App, entwickelt von FUSE im Auftrag des LMU Klinikums München, ist ein zertifiziertes Medizinprodukt der Klasse I, das seit Juli 2021 europaweit für iOS, Android und als Desktop-Version auf mytcell.de verfügbar ist. Sie unterstützt Ärzt:innen beim Management von Nebenwirkungen infolge Krebstherapien mit CAR-T-Zellen und Bispezifischen Antikörpern (BiTEs), die bei Leukämien und Lymphomen eingesetzt werden. Die App bietet interaktive Werkzeuge wie den Toxicity Calculator zur Bewertung von Nebenwirkungen wie CRS, ICANS oder HLH und liefert gradspezifische Therapieempfehlungen basierend auf Leitlinien der ASTCT, EBMT und NCCN. Sie führt durch die komplexe Vorbehandlungslogistik, dient als Nachschlagewerk mit Verlinkungen zu Studien und ermöglicht über die Connect-Funktion die Kontaktaufnahme mit CAR-T-Zentren in Deutschland. myTcell verbessert die Patientensicherheit und spart Zeit, wie in einer Untersuchung anhand Nutzer:innenfeedback beschrieben wurde. (Blumenberg u. a. 2021)
PatientInnenkommunikation
Die Studie mit dem Titel „Cancer vlog community building for social support on YouTube: a social capital perspective“ untersucht, wie Krebsbetroffene durch das Vloggen auf YouTube soziale Unterstützung und Gemeinschaft aufbauen können. Die Autor:innen analysierten über 48.000 Kommentare von sieben Krebs-Vlog-Kanälen mittels maschinellen Lernens und fanden heraus, dass diese Communities neben klassischen Unterstützungsformen auch einzigartige Arten wie Fürsprache, Bestätigung und spirituelle Sympathie bieten. Im Verlauf der Zeit nahmen vor allem die Unterstützung durch Handeln und emotionale Zusicherung zu, während rein informative Hilfe abnahm. Die Ergebnisse zeigen, dass Krebs-Vlog-Communities ein wertvoller Raum sind, um soziale Bindungen und Ressourcen zu stärken. (Kim u. a. 2025)
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